Warum ich mir keine Anleihen ins Portfolio hole

Anleihen by Chris Li – unsplash
Die Asset Allocation wie wir sie kannten, 70% Aktien und 30% Anleihen, ist tot – es funktioniert nicht mehr!
Was meine ich damit die Anleihe ist tot?
Gut, das ist etwas überspritzt. Aber so sieht es aus: Aktien sind riskant, und Anleihen sind risikolos – so wird es uns erzählt. Aber das stimmt nicht. Es gibt keine risikolosen Anleihen, wir können überall Geld verliehren. Selbst unser Tagesgeldkonto ist nicht risikolos, denn hier liegen die Zinsen mittlerweile weit unter dem Inflationsniveau. Die Inflation knabbert also unaufhaltsam an unseren Ersparnissen. Also brauchen wir etwas, das risikoarm ist, aber noch genügend Rendite abwirft um der Inflation zu trotzen. Wie wäre es mit Anleihen?
Was sind Anleihen und wie funktionieren sie?
Es steckt quasi schon im Wort: ich leihe einer Institution Geld, und bekomme dafür einen Schuldschein, Anleihe genannt. Wikipedia gibt uns folgende Definition:
Eine Anleihe (auch festverzinsliches Wertpapier, Rentenpapier, Schuldverschreibung oder Obligation, englisch bond oder debenture bond) ist ein zinstragendes Wertpapier. Es handelt sich um ein Wertpapier, das dem Gläubiger das Recht auf Rückzahlung sowie auf Zahlung vereinbarter Zinsen einräumt.
Nehmen wir ein Beispiel: ich kaufe für 1.000 € eine deutsche Staatsanleihe. Das heißt ich leihe dem Staat Deutschland 1.000 €. Dafür verlange ich natürlich einen Gegenwert, ich erhalte also Zinsen. Eine Anleihe ist auf eine bestimmte Laufzeit festgeschrieben, sagen wir mal für unser Beispiel auf 5 Jahre und ich bekomme von Deutschland dafür 0,2% Zinsen. Es ist also eine festverzinsliche Anleihe, denn die Zinsen ändern sich in den 5 Jahren nicht.
Für wen sind Anleihen geeignet?
Für risikoaverse Anleger ist das natürlich eine feine Sache: ich weiß schon im Voraus, was ich jährlich an Zinsen bekomme und dass ich den Nennwert, also die 1.000 € die ich dem deutschen Staat geliehen habe nach genau 5 Jahren zurück bekomme.
Ideal ist sowas natürlich auch in der Auszahlphase, denn mit Anleihen kann ich meinen Cash-Flow gut planen.
Außerdem sind Anleihen immer dann gut um die Volatilität und das Risiko in einem Portfolio zu glätten. Denn wenn der Aktienkurs einbricht, dann bleiben die Anleihen meistens stabil.
Das heißt, Anlagen sind für jeden super! Aber halt, nicht so schnell, es gibt auch Nachteile:
Wann lohnt es sich nicht in Anleihen zu investieren?
In unserem Beispiel haben wir ja 1.000 € für 0,2% an den deutschen Staat verliehen. Das Problem ist, dass dieser Zinssatz die nächsten 5 Jahre über bestehen bleibt. Das ist praktisch an einem Parkt wo die Zinssätze immer weiter sinken, so wie in den letzten 15 Jahren. Aber jetzt sind wir bei Leitzinsen von 0,0 %, die Zinsen können nicht mehr weiter sinken sondern nur noch steigen. Was passiert aber mit den Anleihen wenn die Zinsen steigen?
Wenn die Zinsen nun beispielsweise auf 2,00% angehoben werden, dann haben wir ganz schön Pech gehabt mit unseren 0,2% Zinsen und der Kurs der Anleihe geht nach unten. Denn auch Anleihen können an der Börse gehandelt werden. Aber wer möchte schon eine Anleihe kaufen die nur 0,2% Zinsen erwirtschaftet wenn ich mehr haben kann? Und deshalb wir der Kurs dieser Aktie nach unten korrigiert. Bei einem Verkauf verliere ich also Geld.
Noch ein Thema zu verschiedenen Anleihen Typen
Jetzt gibt es natürlich auch noch verschiedene Anleihen-Typen. Hier haben wir über Staatsanleihen mit erstklassiger Bonität gesprochen. Denn hier ist das Risiko eines Ausfalles gering. Deutsche oder US-Amerikanische Anleihen haben ein sehr gutes Rating und können daher unseren risikoarmen Teil des Portfolios abbilden.
Diese Anleihen unterscheiden sich noch einmal in der Laufzeit. Sie können kurz-, mittel- oder langfristig sein. Kurz heißt so 1-3 Jahre. Hier ist das Risiko geringer. Mittel heißt 3-5 Jahre. Hier sind die Zinssätze normalerweise bereits höher, und dann 5+ sind langfristige Anleihen. Sie können auch eine Laufzeit von 30 Jahren oder länger aufweisen.
Daneben gibt es noch Länder die nicht ganz so gut bewertet werden, die dann entsprechend Anleihen zu etwas höheren Zinsen ausgeben. Damit verschiebt sich dann diese Anleihe aber eher in den risikoreichen Teil unserer Anlage. Beispielsweise Griechenland-Anleihen: das sind sogenannte Schrottanleihen (auch Junk-Bonds genannt). Hohe Zinsen, und demnach auch hohe Risiken.
Neben Staatsanleihen gibt es auch noch Unternehmensanleihen. Die Bewertung eines Unternehmens kann logischerweise nicht besser sein als das Rating des Staates in dem das Unternehmen den Hauptsitz hat. Auch hier ist das Risiko höher. Dann würde ich mir doch lieber Aktien kaufen und dann direkt von den steigenden Kursen profitieren.
Noch ein Wort zu Wandelanleihen: in letzter Zeit wird dieses neue Produkt gut gehyped. Aber was ist das? Das ist quasi das Schlimmste aus beiden Welten:
1. Eine Wandelanleihe wird von einem Unternehmen emittiert (also ausgegeben). Ich bekomme dann jährlich meine Zinsen. Geht es dem Unternehmen allerdings schlecht und kann die Zinsen nicht bezahlen, so kann das Unternehmen die Anleihe in eine Aktie umwandeln. Und schon habe ich ein schlecht laufendes Untenehmen in meinem Portfolio, bei dem vielleicht auch noch eine Nachschusspflicht besteht, ich also dazu verpflichtet bin noch mehr Geld ins Unternehmen zu stecken.
Tl;dr
Deshalb:
1. Finger weg von Wandelanleihen, wir Käufer sind immer die letzten in der Nahrungskette.
2. Bei Direktkauf einer Anleihe immer den Verkaufsprospekt etc. durchlesen um festzustellen welche Konditionen der Emittent (der Herausgeber) fest gelegt hat. Oder besser gleich einen ETF auf kurzlaufende Anleihen kaufen, dann braucht man sich darum nicht zu kümmern.
Da ich damit rechne das über kurz oder lang die Zinsen wieder ansteigen werden (da braucht man kein Hellseher sein, von 0 kann es nur nach oben gehen…), und damit die Kurse der Anleihen auf Talfahrt geschickt werden möchte ich im Moment keine Anleihen kaufen, sondern hebe mein Geld lieber als Bargeld-Reserve auf meinem Konto auf.
Wenn es unbedingt Anleihen sein sollen, dann würde ich eine Laufzeit von max. 1 Jahr wählen und mir einen ETF auf Staatsanleihen höchster Bonität aussuchen. Das Problem hier ist, dass es davon gar nicht so viele Länder gibt, wodurch die Diversifikation sehr gering ist. Beispielsweise 8 Länder gegenüber den über 1.600 Unternehmen die ich mit dem MSCI World ETF kaufe…